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& Dorfschreiber

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Die Geschichte eines friedfertigen Menschen

04. 03. 2022

LESUNG - Der Gonnersdorfer Fritz Stiegler stellt seinen Roman "Heiner" in Veitsbronn vor, ein Buch, das gleichermaßen unterhalten wie mahnen will.

 

VEITSBRONN – „Wir haben Fritz Stiegler engagiert, damit er seinen neuen Roman „Heiner“ hier bei uns vorstellt“, sagte Brigitte Stelkens von der Volkshochschule zur Begrüßung in der Zenngrundhalle. Aber „was macht der Fritz“? Er bringt gleich drei weitere Akteure mit: Die Fernsehjournalistin Julia Hofmann als Moderatorin, Interviewerin und professionelle Vorleserin sowie Anja Lugert und Emil Hubner zur musikalischen Umrahmung und Verschönerung des Abends. Das Ergebnis: ein abwechslungsreicher und praller Abend.

Stiegler liest nicht nur Passagen aus seinem 338 Seiten umfassenden Roman über einen Bauern aus seiner unmittelbaren Nachbarschaft in Gonnersdorf, der es mit großem Fleiß und eiserner Disziplin vom mittellosen Knecht zum Kleinbauern geschafft hat. Sondern er erklärt auch, wie er zu dem Stoff für dieses Buch gekommen ist, bei welchen Stellen im Buch er etwas verändert hat und welche Botschaft er mit dieser Erzählung über diesen „ganz einfachen Menschen im blauen, immer bis oben zugeknöpften Kittel“ erreichen möchte. 

Angefangen hat alles damit, dass eine Nachbarin ihm einen ganz Stapel Briefe von besagtem Heiner übergeben hat, die man beim Abbruch eines Bauernhauses per Zufall entdeckt hat. Heiner, der wie die allermeisten Menschen damals vor 100 Jahren „nur ein paar Jahre Volksschule“ habe absolvieren dürfen, begreift, dass sich seine prekäre Lage als Knecht mit wechselnden Bauernhöfen nur hinter sich lassen kann, wenn er eine Frau findet, „die a weng was hat“. Und so schreibt er fein säuberlich in gutem Deutsch und ausgewogenen Worten in Sütterlinschrift „ellenlange Liebesbriefe“ an verschiedene Frauen, von deren er sich einen sozialen Aufstieg erhoffte. 

Von Liebe und Zuneigung, sagt Stiegler, war in diesen Briefen eher wenig zu lesen. Es ging neben der Darstellung seiner „ziemlich religiösen Veranlagung“ eher um „wirtschaftliche Dinge“. So kam es wohl auch, dass er nicht Anna aus Heinersdorf, sondern Tina geheiratet hat, die einen kleinen Bauernhof in die Ehe mitbringen kann.  Für Stiegler ganz klar eine „strategische Heirat“, gefolgt von einer „kalten Liebe“ – das habe er selbst beobachten können.

Weil er unbedingt den Brand eines Bauernhofes in seinen Roman einbauen wollte, bei der alle Knechte und Bewohner aus der Umgebung zum Löschen herbeieilen mussten, hat Autor Stiegler den Wohnort von Heiner zur allgemeinen Überraschung der dortigen Bewohner nach Dürrnbuch verlegt. „In der gesamten Gegend um Cadolzburg herum gab es der beschriebenen Zeitspanne keinen verbrieften großen Brand“, hatten Stieglers arbeitsreichen Recherchen ergeben. Sondern eben nur in Dürrnbuch. Also habe er den Wohnsitz vom Bauern Heiner dorthin verlegt.

Manche Namen von tragenden Figuren im Roman habe er verändert. Andere sind authentisch geblieben, wenn die Beschriebenen keine Einwände gehabt hätten.  Wichtige Ereignisse der Weltgeschichte hat der Haselnussbauer, der das Schreiben von Romanen und Musicals eigentlich nur in seiner Freizeit betreiben kann, detailversessen in dieses Buch einbringen wollen, ja müssen.

Als begeisterter Fußballer, der selbst seit Jahrzehnten jede Woche als Aktiver auf den Fußballplatz steht, kann er sich natürlich ganz genau ausmalen und auch beschreiben, wie die Einheimischen - geschart um den einzigen Fernseher im Dorf - den WM-Sieg der Nationalmannschaft 1954 in Bern erlebt haben. Obwohl er doch selbst erst sechs Jahre nach diesem Ereignis von nationaler Tragweite geboren ist.

Ausgelöst durch den Besuch einer Veranstaltung in Wilhermsdorf, bei der über die Blüte und das spätere Ausrotten allen jüdischen Lebens in diesem Ort berichtet worden war, drängte es Stiegler, sein Buch vom Heiner nochmals umzuschreiben. Sein Protagonist, der in Wirklichkeit keiner Fliege etwas zuleide tun konnte und als friedfertiger Mensch den Machenschaften der Nationalsozialistebn aus dem Weg ging,  wird unbeteiligter Zuschauer bei den historisch verbrieften Ausschreitungen gegen die jüdischen Mitbürger in Wilhermsdorf, genau zwei Wochen vor der eigentlichen Reichspogromnacht im November 1938. „Mir ist wichtig, dass so etwas nicht wieder passiert und es keinesfalls wieder zu einer Kultur des Wegschauens kommen darf!“

Das gleichnamige Musical zu seinem Buch, für das Stiegler selbstverständlich auch die Vorlage geschrieben hat, wird im Sommer vor der Kulisse der Cadolzburg mit 150 Mitwirkenden aufgeführt. Mit der Musik von Matthias Lange und unter der Regie von Jan Burdinski wird die Lebensgeschichte von Heiner - ganz anders als im Buch - aus der Sichtweise von Altenheimbewohnern erzählt, verrät Stiegler zum Ende des Abends. Doch das Musical wie das Buch beschreiben keinen Helden, sondern „eine stinknormale Figur mit guten und schlechten Seiten“. Dies herauszustellen, ist dem Autor Fritz Stiegler sehr wichtig.

 

Bild zur Meldung: Unterstützt von der Moderatorin Julia Hofmann präsentierte Fritz Stiegler seinen neuen Roman in der Zenngrundhalle.